Das Bild von zwei Personen vor einem Whiteboard, die sich miteinander verständigen, stammt aus Alistair Cockburns Buch “Agile Software Development” von 2002, einem Klassiker der agilen SW-Entwicklung. Cockburn vergleicht damit verschiedene Kommunikationsformen entlang zweier Dimensionen: Effektivität und Reichhaltigkeit. Am unteren Ende findet sich dort das schriftliche Dokument, am oberen Ende das Gespräch zweier Personen an einem Whiteboard.

Cockburn unterstrich insbesondere die Möglichkeit des unmittelbaren Ausstausches zwischen den Personen, die miteinander kommunizieren. Im Rahmen der damaligen Diskussionen – das Agile Manifest war erst ein Jahr vor dem Buch veröffentlicht worden – sollte der Wert direkter Zusammenarbeit als ein wesentlicher Beitrag zum Erfolg eines Projektes verdeutlicht werden.

Auch heute gilt dies genauso und das Bild wird (z.B. hier auf Folie 15) auch heute von Cockburn genutzt, um den Wert agiler Methoden zu verdeutlichen.

In Christopher Nolans Film „Oppenheimer“ kann man diese Form der Kommunikation und ihre Effektivität gleich mehrmals beobachten. Damals waren es noch Tafeln und Kreide, aber das Prinzip war das gleiche.

Das Beispiel verdeutlicht mir, dass die postulierte Effektivität und Reichhaltigkeit nicht a priori gegeben ist. Die Personen, die vor der Tafel miteinander reden, sollten ein vergleichbares Wissen besitzen. Mit mir als Sparringspartner hätte Oppenheimer die Bombe jedenfalls nicht entwickeln können.

Eine Tafel (oder ein Whiteboard) kommt noch bei einer anderen Form der Kommunikation zum Einsatz: der Lehre. Auch hierzu bietet „Oppenheimer“ einige Beispiele. In diesem Fall spielen die zusätzlichen Kommunikationskanäle (Rückfragen, Körpersignale), die Cockburn für die Reichhltigkeit dieser Art der Kommunikation anführt, eine eher untergeordnete Rolle. Und die Effektivität hängt wieder vom Wissensstand der Schüler ab.

Wer sich noch an seine Studienzeit erinnert, wird sicher zustimmen, dass Vorlesungen oder, um dem Beispiel von Cockburn näher zu sein, Übungen ohne Nachbereitung nicht wirklich effektiv waren. Für diese Nachbereitung war meiner Erinnerung nach (lang ist’s her) schriftliche Dokumentation unerlässlich, entweder in Form von Mitschriften oder in Form von Fachbüchern.

Das Gespräch am Whiteboard hat zwei weitere Eigenschaften: Zum einen ist das gesprochene Wort flüchtig, zum anderen manchmal trügerisch. Nur die anwesenden Personen haben die Gelegenheit, an der Reichhaltigkeit der Kommunikation teilzuhaben. Den anderen bleibt, wenn überhaupt, ein Foto von einer in der Regel schlecht beschrifteten Skizze.

Das Gespräch am Whiteboard dient dazu, Ideen zu diskutieren oder zu entwickeln. Man entwickelt ein Denkmodell. Nicht immer sind diese Modelle am Ende des Gesprächs kongruent, selbst wenn dies den Anschein hat. „Es ist alles gesagt, let’s do it.” Und dann denkt man noch einmal über das Gesagte und Gezeichnete nach und es entstehen Fragen.

In beiden Fällen hilft Verschriftlichung des Gesagten, also genau die Form der Kommunikation, die in Bezug auf Effektivität und Reichhaltigkeit der Kommunikation so schlecht weg kommt, aber eine nicht zu unterschätzende Charakteristik hat: Schreiben ist langsam. Dabei auch noch Lesbares zu produzieren, ist noch langsamer. Komplexe Sachverhalte lassen sich nicht schnell durchforsten.

Wieviel höher die Effektivität direkter Kommunikation im Vergleich zu einem Dokument ist, dass hängt also von einer Reihe von Faktoren ab. Es ist nicht a priori festgelegt, welche Form der Kommunikation die effektivste ist.

Dokumente sind wichtig und unerlässlich für den langfristigen Erfolg eines Projektes. Dabei denke ich nicht an die Dokumente, die man aus formalen Gründen schreiben muss, weil „der” Prozess oder Behörden sie einfordern. Ich denke an Dokumente, die mir helfen, meine Arbeit zu erleichtern und zu unterstützen. Das möchte ich in den folgenden Blogposts näher beleuchten.